Falco in Amstetten

 

Falco in Amstetten

 

 

Kaum ein Kommentar zum Fall Amstetten wurde in den österreichischen Medien häufiger zitiert als der aus der spanischen Tageszeitung "El Pais". Darin heißt es: "Perversion oder Krankheit ... Schon wieder in Österreich. So wie die Entführung von Natascha Kampusch ... Und wieder kam das aus Österreich, der Heimat von Freud, dem Geistesriesen, der uns die im Unbewussten schlummernde Sexualität erweckte." Dabei führt weder von Freud, noch von der verqueren österreichischen Geschichte, weder von Sisis Neurosen, noch von Kurt Waldheims Amnesie irgendein Weg in das Kellerverlies von Amstetten. Aber in der hektischen Suche nach einer Antwort nach dem Warum füllen populäre Zitate schnell die Lücken, die logische Erklärungen offen lassen müssen.


Zu diesen popkulturellen Deutungsmustern gehört auch die Erinnerung an einen Liedtext, in dem der österreichische Sänger Johann Hölzel alias Falco 1985 seine Probleme mit der österreichischen Wirklichkeit zusammenfasste, der Titel: "Jeanny, Part I". Darin heißt es: "Es ist kalt, wir müssen weg hier, komm / Dein Lippenstift ist verwischt / Du hast ihn gekauft und ich habe es gesehen / Zuviel rot auf deinen Lippen und du hast gesagt: / ,Mach mich nicht an' / Aber du warst durchschaut, Augen sagen mehr als Worte / Du brauchst mich doch, hmh? / Alle wissen, dass wir zusammen sind ab heute, / jetzt hör ich sie! Sie kommen / Sie kommen, dich zu holen / Sie werden dich nicht finden / Niemand wird dich finden, du bist bei mir."

Das Lied provozierte seinerzeit einen internationalen Skandal, wurde es doch als lyrische Darstellung einer Vergewaltigung oder von noch Schlimmerem gedeutet. An der richtigen Interpretation versucht sich die Falco-Gemeinde bis heute. Der Song kam nur wenige Monate nach dem Tag heraus, an dem Josef F. seine Tochter in ihr Verlies sperrte. Am Ende des Liedes ist ein Sprecher zu hören, der einen "Newsflash" verliest: "In den letzten Monaten ist die Zahl der vermissten Personen dramatisch angestiegen. Die jüngste Veröffentlichung der lokalen Polizeibehörde berichtet von einem weiteren tragischen Fall. Es handelt sich um ein neunzehnjähriges Mädchen ..." Ungefähr so alt war die Tochter von Josef F., als sie für viele Jahre unter der Erde verschwand.

(by Die Welt de.)