Drahdiwaberl in Aktion: „Weltrevolution“ über Stefan Weber und seine Anarchoband. Ab Freitag im Kino

Drahdiwaberl in Aktion: „Weltrevolution“ über Stefan Weber und seine Anarchoband. Ab Freitag im Kino

Der junge, lässige Falco
Davon gibt es im Film genug, ob mit einem jungen, schon lässigen Falco am Bass oder beim Witzelwettbewerb mit dem Kabarettisten Lukas Resetarits zum Hit-Schunkler „Lonely“. Politisch-historische Umstände werden bloß angerissen (kann man heutzutage ohnehin nach dem Mulatschag auf Wikipedia nachlesen), im Zentrum steht die Show: Die geht trotz Webers Parkinson-Erkrankung enthusiastisch weiter, nun auch auf der Leinwand.


Niemand kann mehr zählen, wie viele letzte Konzerte die Wiener Anarchoband Drahdiwaberl schon gegeben hat, aber selbst wenn dereinst die Drohung wahr gemacht werden und die fröhlichen Punk-Guerillas um das Wiener Original Stefan Weber ihr wirklich allerletztes Konzert gegeben haben sollte, wird man sich dank Klaus Hundsbichlers Dokumentarfilm Weltrevolution ein anschauliches Bild davon machen können: Eingangs gibt es eine üppige Montage der traditionell mit üppigem Austausch zahlreicher Körpersäfte gewürzten Apotheose eines Drahdiwaberl-Auftritts, zum schön betitelten Kracherklassiker „Mulatschag!“


Die sichtlich aktionistisch inspirierte, locker absolvierte Mischung aus Sex, Kostüm und (Polit-)Parolen ist Markenzeichen der Truppe: Ein Orgien-Mysterien-Kasperltheater kommt hier zum Ausbruch, das jedenfalls den Beteiligten beträchtliche Befreiungsgefühle garantiert, wie in knapp einmontierten Interviews versichert wird. Den Jux will man sich machen: frauenfeindlich sei das schon auch, sagt eine Bandveteranin, aber auf der Bühne habe sie besseres zu tun, als darüber nachzudenken. Drahdiwaberl: Festspiele für die ewige Adoleszenz zwischen Schulaufstandsfantasien und garantiert geschmacklosen Hardrockparodien („Heavy Metal Holocaust“).


Und eine echt österreichische (Anti-)Institution, wie Hundsbichlers flotter Film mit viel, oft ausgesprochen hübschem Archivmaterial belegt. Im Sinne des Subjekts geht es mehr um Amüsement als Vertiefung bei der Chronologie von 50 Jahren Geschichte: Weber, Werkprofessor mit Schockrockambitionen, spielt dazu einen „ganz normalen“ Tag mit seinem Hendl Hilde nach, sagt ihr, sie sei der Che Guevara unter den Hühnern; in diesem Sinne funktioniert auch seine „Weltrevolution“: Spaßfreiheit für alle!

CHRISTOPH HUBER (Die Presse)
Print-Ausgabe, 05.05.2008)